Ist es ein Schreibaby?

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Generell weinen Babys in den ersten drei Monaten ihres Lebens relativ viel. Schreizeiten von bis zu 2,5 Stunden pro Tag können durchaus als normal bezeichnet werden. Ein Baby, das hingegen stundenlang ohne erkennbaren Grund und praktisch ohne Möglichkeit zur Beruhigung exzessiv schreit, wird als ein Schreibaby bezeichnet. Wenn bei Ihnen diese Situation eintritt, sind Sie nicht alleine: Jedes zehnte Kind ist ein Schreibaby. Das bedeutet, es schreit mehr als drei Stunden am Tag, mehr als drei Tage in der Woche und über einen Zeitraum von mehr als drei Wochen.

Das Baby ist frisch gewickelt, ihm tut nichts weh, der Hunger ist gestillt, es ist nicht allein und dennoch schreit es ohne Unterbrechung. Kein Wunder, dass sich die meisten Eltern, die alles besonders gut machen wollen, in einer solchen Situation überfordert und angespannt fühlen. Sie können das geliebte Baby mit keinem Mittel beruhigen, was bei vielen Eltern, auch untereinander, zu Stress führt und Konfliktpotenzial bietet. Das Gefühl von Ablehnung, Schlafentzug und der andauernde Lärm, können zu einer so grossen Belastung werden, sodass es schliesslich zu handfesten Aggressionen kommen kann. Ein Teufelskreis, aus dem eine Mutter oder ein Vater kaum noch allein herausfinden.

Häufig treten diese Schreianfälle ab dem Nachmittag auf und können bis in die frühen Morgenstunden anhalten. Heute bezeichnet man dieses Phänomen oft als Regulationsstörung. Das bedeutet, die Babys können ihre Bedürfnisse und ihr Verhalten wie Schreien, Wut oder Angst nicht regulieren bzw. abschalten. Aus diesem Grund sollte man ein Schreibaby nicht einfach schreien lassen. Schlafen wollen diese anspruchsvollen Babys meist nicht oder nur am Tag und das am liebsten auf dem Arm von Vater oder Mutter. Für das Baby ist es das Schönste, herumgetragen zu werden; versucht man es hinzulegen, beginnt sehr schnell die nächste Schreiattacke. Manche Babys steigern sich so in das Schreien hinein, dass sie das Atmen vergessen oder schweissnass sind.

Schreibabys brauchen besonders viel Zuwendung und Liebe, denn sie sind sehr empfindsam und liebesbedürftig. Doch es zahlt sich aus, auch wenn man oft nicht mehr kann.

FEHLER BEI SCHREIBABYS

Der häufigste Fehler, der in einer Schreiphase von den Eltern gemacht wird, ist das Baby nicht zu beachten und in Ruhe zu lassen, weil man vermeiden will, dass es wieder anfängt zu schreien. Dem Kind wird aber hier signalisiert, dass Vater oder Mutter nur zu ihm kommt, wenn es weint. Babys lernen gerade in dieser Zeit des Schreiens von den Reaktionen der Eltern. Darum sollten Eltern gerade diese Schreiphasen für die Zeit mit ihrem Baby nutzen. Kommt sofort jemand, wenn es schreit, wird es irgendwann nur noch kurz schreien oder lernt sogar, sich selbst zu beruhigen.

Ein weiterer Fehler der Eltern durch Unwissenheit ist, dass sie ihre eigene Anspannung auf das Kind übertragen. Durch den oft selbstverursachten Stress, tragen sie das Baby einmal durch die Wohnung oder schaukeln es, mal wird es im Auto umhergefahren oder in einigen Fällen auf die laufende Waschmaschine gestellt. Schreit das Baby dann immer noch, wechseln die Eltern schnell zu einer anderen Beruhigungsvariante. Hier liegt der Fehler: Dieses ständige Hin und Her ist nicht gut für das Kind und fördert die Beruhigung nicht. Bleiben Sie bei der gewählten Variante, auch wenn es immer weiter schreit. Oft ist es so, dass das Baby nur spüren möchte, dass Sie da sind. Sprechen Sie ruhig mit ihm oder singen sie ihm etwas vor. Viele Babys mögen es, wenn sie dabei sanft massiert werden. Da Babys gerade in den ersten Monaten sehr viel Körperkontakt brauchen, hilft es vielleicht auch, es sich auf den nackten Oberkörper zu legen. Auch dies kann beruhigend für das Kind sein.

Wichtig für die Eltern ist es zu wissen, dass Schreibabys nichts mit Fehlern der Eltern im Umgang mit dem Baby zu tun haben. Sie sollten sich nicht von Vorwürfen ihrer Verwandten oder Freunde irritieren lassen. Die Entstehung von Koliken ist nicht im Detail bekannt.

AUS UNTERSUCHUNGEN WEISS MAN:

  • Schreibabys sind keine Zivilisationskrankheit; exzessiv schreiende Babys gibt es auch bei Naturvölkern.

  • Babys schreien nicht deshalb länger und häufiger, weil sie zu viel herumgetragen werden.

  • Schreiattacken sind bei gestillten Kindern und Flaschenkindern gleich häufig zu erkennen.

  • Die meisten betroffenen Babys sind gesund.

  • Schreibabys leiden später nicht häufiger an Allergien oder anderen Krankheiten als andere Kinder.

  • Eine Allergie gegen Milcheiweiss oder eine Unverträglichkeit von Milchzucker steckt nur in sehr seltenen Fällen hinter dem übermässigen Schreien.

  • Ein Rückfluss von Magensäure lässt sich nur selten als Ursache von Schreiattacken feststellen.

Bei Schreibabys sollten Eltern Hilfe von Aussenstehenden bekommen, damit sie ihre eigene innere Unruhe abbauen können. Die Babys spüren jederzeit die innere Anspannung der Eltern. Übernehmen die Grosseltern einmal die Aufsicht des Babys, damit die Eltern ausspannen können, kann das bereits Wunder bewirken.

In vielen grossen Kinderkliniken gibt es heute eine sogenannte Schreiambulanz. Hilfe können Sie auch bei verschiedenen Fachstellen für Säuglingsfragen erhalten. Wichtig ist, dass Sie sich früh genug an eine professionelle Hilfe wenden, spätestens aber, wenn Sie eine aufkommende Aggression gegen Ihr Kind verspüren. Dies kann sich beispielsweise so bemerkbar machen, dass Sie es schütteln wollen, damit es endlich aufhört zu schreien. In den letzten Jahren haben sich bei unerklärlichem Schreien und Unruhe häufig Osteopathie und die Craniosakral-Therapie als erfolgreiche und sanfte Behandlungsmethoden bewährt. Am besten lassen Sie sich von Ihrem Vertrauensarzt beraten.

 

Bildquelle: Ben_Kerckx / pixabay.com